Neue Perspektiven einnehmen

Guibert del Marmol zum Thema Nachhaltigkeit.

Neue
Perspektiven
einnehmen

mit Guibert del Marmol

Im September 2021 haben wir Guibert del Marmol zur Hager Group Management Summer School eingeladen. Er sprach darüber, dass unsere Welt sich an einem Scheideweg befindet und wir neue Perspektiven finden müssen.

Die Management Summer School findet jährlich statt und ist interaktiv. Topmanager der Hager Group tauschen Ideen aus, stellen Best Practices vor und rüsten sich für die Zukunft. Was verändert werden kann und was man machen kann, damit Menschen nachhaltig immer erfolgreicher werden, sind lediglich zwei der Prioritäten der Summer School.

Wir haben Guibert del Marmol zehn Fragen gestellt.

Herr del Marmol, in welchem Zustand befindet sich die Welt heute?

Guibert del Marmol: Die Welt befindet sich an einem Wendepunkt und wir sind mit vielen Entscheidungen und schwierigen Situation konfrontiert. Die Coronapandemie hat die sich entwickelnde Unbeständigkeit und ein gewisses Chaos beschleunigt. Das Wort „Chaos“ stammt aus dem Altgriechischen und beschreibt den Moment direkt vor der Entstehung der Welt – genau der Moment, in dem alles möglich war. Ich glaube, dass wir uns heute genau an diesem Punkt befinden. Wir alle befinden uns womöglich kurz vor dem Beginn einer neuen Ära. Wenn wir wie bisher produzieren und konsumieren, werden wir vermutlich den Kollaps des gesamten Systems erleben. Jedoch zeigt die Theorie des Chaos, dass es auch andere Optionen gibt, wenn die Menschen aus der Vergangenheit lernen und konsequent ihre Verhaltensweise ändern.

Guibert del Marmol

Im Jahr 2005 beschloss Guibert del Marmol seinen Job zu kündigen. Heute unterstützt er Unternehmer, CEOs, Executive Boards und Manager dabei, vermehrt ökonomisch, ökologisch und bedeutungsvoll zu handeln. Als früherer Unternehmensleiter ist er heute Berater, Autor und Redner. Er hilft Unternehmen dabei, verantwortungsvoll zu wirtschaften und sich für Veränderung stark zu machen, indem sie Gutes tun. Es existieren bereits Lösungen, um die größten Probleme dieser Welt zu adressieren und um diese zu nutzen, müssen wir die Welt mit anderen Augen betrachten und uns neues Wissen aneignen – so lautet sein Credo.

Sind wir in der Lage, uns zu ändern?

Um an diesem Scheideweg nicht den Pfad zum Kollaps zu gehen, ist einer der wichtigsten Punkte, ein neues Leitbild zu haben, das Menschen zum Wandel animiert, ihnen Hoffnung gibt. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir über all die Instrumente und Technologien verfügen, um die größten Probleme dieser Welt zu lösen. Wir müssen den Menschen die Möglichkeit bieten, mit Begeisterung in die Zukunft zu blicken, damit sie sich aktiv für den Wandel einsetzen.

Wir leben in einer ichbezogenen Gesellschaft. Ist es nicht so, dass sich Leute vielmehr in sich selbst und ihre eigene kleine Welt zurückziehen, anstatt sich um andere zu kümmern, wenn sie Angst haben?

Wir müssen das Bewusstsein für die wechselseitige Abhängigkeit aller Dinge schaffen. Wir leben in einer vernetzten Welt, wir sind nicht allein hier, sondern wir sind alle miteinander verbunden und wenn uns das bewusst wird, dann ist es einfacher, zusammenzuarbeiten, anstatt in den Wettbewerb gegeneinander zu treten.

Könnten Sie die Begriffe „wechselseitige Abhängigkeit“ und „Zusammenarbeit“ näher erklären?

Wir müssen miteinander im Austausch bleiben, um Informationen und Best Practices zu teilen und gleichzeitig global denken und lokal handeln. Damit meine ich beispielsweise, dass die Produktion sich dem Bedarf der Konsumenten anpassen muss, etwa bei Lebensmitteln und Energie. Heute lebt die Mehrheit der Weltbevölkerung in Großstädten. Wenn Sie diese von der Logistikkette abschneiden, gäbe es innerhalb von drei Tagen keine Lebensmittel mehr und das Chaos würde ausbrechen. In diesem Zusammenhang sieht man zum Beispiel in Städten wie New York oder Paris, dass die Begrünung von Gebäudedächern immer beliebter wird. Die Frage ist gleichzeitig: Wie können wir die Energieproduktion wieder näher zum Verbraucher bringen? Heute ist das mit Solar- oder Windkraftanlagen möglich. Die Umstellung auf Elektrotechnik, die dieser Entwicklung Rechnung trägt, ist äußerst wichtig, um fossile Brennstoffe abzuschaffen. Sehen wir uns die Kreislaufwirtschaft an. Der Müll des Einen ist das Rohmaterial des Anderen. Dabei handelt es sich um eine ökologisch inspirierte Wirtschaft, denn so funktioniert die Natur und diese ist von Grund auf bereits lokal. Die Natur recycelt alles und mit diesem Vorbild sollten wir eine ethischere und sauberere Wirtschaft schaffen. Wenn man eine regenerative Wirtschaft entwickelt, wird man sein Unternehmen nicht gefährden. Eine Wirtschaft mit Wohlstand für alle – und gleichzeitigem Respekt für Menschen und Umwelt – zu erschaffen, ist ohne Zweifel das, was ein Kunde oder Mitarbeiter von einem globalen Unternehmen erwartet. Es geht darum, noch verantwortungsbewusster für das gesamte System zu handeln.

Ich möchte in meiner Branche das Beste für die Welt tun.

Guibert del Marmol

Wie kann ein Unternehmen Teil der Lösung werden, anstatt Teil des Problems zu sein?

Meiner Meinung nach wäre der erste Schritt, ein ambitioniertes Ziel festzulegen und als Unternehmen zu agieren, das von einer Mission und einer Vision geleitet wird. Die Mission ist das, was man tut, aber die Vision ist die tatsächliche Daseinsberechtigung und die Art und Weise, wie man zu einer besseren Welt beitragen möchte. Es gibt einen Satz, der das sehr gut erklärt und der lautet nicht „Ich möchte der Beste der Welt in meiner Branche sein“, sondern „Ich möchte in meiner Branche das Beste für die Welt tun“. Um erfolgreich zu sein, benötigen wir zudem kollektive Intelligenz. Niemand wird allein erfolgreich sein. Deshalb müssen wir unsere Kräfte vereinen, um voneinander zu lernen. Ein drittes Element für den Erfolg ist eine agile Organisationskultur, die sich schnell auf veränderte Situationen einstellen kann.

Es geht zwar um das Unternehmen, doch dieses besteht aus Menschen. Welche Rolle spielen die Menschen in dieser Gleichung?

Wir müssen die Art und Weise verändern, wie wir mit Menschen umgehen. Um mit Menschen zu interagieren und mit ihnen zusammenzuarbeiten, muss man Empathie und Mitgefühl entwickeln und die Fähigkeit, das Problem aus anderen Perspektiven zu betrachten. Darüber hinaus besteht ein weiterer entscheidender Faktor darin, ein holistisches Management aufzubauen, das Werte und Sinn vermittelt. Außerdem müssen wir es schaffen, Privat- und Berufsleben auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und unsere persönlichen Werte mit unserer täglichen Arbeit zu verknüpfen. Wenn das geschafft ist, ist es viel einfacher, ein agiles Unternehmen aufzubauen.

Wenn wir ein Problem angehen oder zu einem Thema Brainstorming betreiben, ist Diversität ausschlaggebend.

Guibert del Marmol

Und wie sieht es mit modernen Managementpraktiken aus: Wie können Führungskräfte ihre Teammitglieder inspirieren?

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass wir alle Führungskräfte sind, jeder trägt für etwas die Verantwortung. Die Frage ist, was möchten wir unseren Kindern, unseren Kollegen und den Menschen in unserem Umfeld hinterlassen? Die Herausforderung besteht darin, für andere eine Inspiration im Alltag zu sein. Manchmal müssen harte Entscheidungen getroffen werden, um ein Unternehmen am Leben zu halten. Das ist nicht einfach und erfordert Mut. Wenn wir Menschen inspirieren möchten, müssen wir sie und ihre Diversität zu schätzen wissen.

Ist Diversität also ein Schlüssel für Veränderungen?

Wenn wir davon ausgehen, dass Kreativität und Innovation aus Diversität hervorgehen, reicht es nicht nur Vielfalt zu akzeptieren, sondern man muss sie aktiv fördern. Wenn wir ein Problem angehen oder zu einem Thema Brainstorming betreiben, ist Diversität ausschlaggebend. Wenn man eine Gruppe von Menschen mit demselben Hintergrund und derselben Bildung befragt, haben sie oft dieselbe Perspektive. Deshalb gilt es, Menschen aus unterschiedlichen Kulturen zu befragen, die dieselben Werte, wie Offenheit, Transparenz und Respekt teilen. So wird man stets innovativere Lösungen finden, da ihre Vielfalt den Mehrwert liefert.

Was halten Sie von der Aussage „Das Business des Business‘ ist Business und nicht Ökologie“?

Das stimmt einfach nicht! Als ich vor 30 Jahren Wirtschaft studierte, wurde mir das beigebracht. Wenn man allerdings die Wörter Ökonomie und Ökologie etymologisch betrachtet, dann sieht man, dass beide von demselben altgriechischen Wort „ecos“ abstammen. Im Altgriechischen bedeutet „ecos“ Zuhause. Bei dem einen geht es um die Wissenschaft des Zuhauses und bei dem anderen um das Management des Zuhauses. Beide sind untrennbar miteinander verbunden. Meiner Meinung nach existiert ein Unternehmen, um geteilten Wohlstand zu schaffen, während man Mensch und Natur respektiert. Natürlich muss ein Unternehmen profitabel arbeiten, doch das ist nicht Ziel, sondern die Konsequenz aus seiner Tätigkeit.

Möchten Sie noch etwas hinzufügen?

Ich möchte gerne zwei Personen zitieren. Zunächst Albert Einstein, der gesagt hat: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Man muss die Welt aus einer neuen Perspektive betrachten. Dabei spricht er von einem intellektuellen Ansatz, der jedoch nur ein Teil des Ganzen ist. Um unsere Herausforderungen zu meistern, müssen wir diese mit emotionaler Intelligenz verknüpfen. Und deshalb möchte ich noch ein Zitat von Mahatma Gandhi hinzufügen: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“

Daniel Hager – Menschen mit Leidenschaft gestalten den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Welt.Wandel gestalten und Nachhaltigkeit vorantreiben – So reduzieren wir den CO₂-Fußabdruck.Innovativ mit weniger Plastik – Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Lösungen.Neue Perspektiven einnehmen – Guibert del Marmol zum Thema Nachhaltigkeit.Gemeinsam stärker – Unternehmergeist und kollektive Intelligenz.Teil der Lösung werden – Vielfalt, Kompetenz und Engagement.Nachhaltigkeit: Im Gespräch mit unserem Vorstand – Ein Gespräch über Nachhaltigkeit.Unser Aufsichtsrat – Zahlen, Daten, Fakten – Impressum – Hager Group Annual Report ArchiveHager Group Annual Report 2020/21Hager Group Annual Report 2019/20Hager Group Annual Report 2018/19Hager Group Annual Report 2017/18Hager Group Annual Report 2016Hager Group Annual Report 2015