„Die Probleme unserer Kunden verstehen und lösen“

Martin Kaiser über die neue Marke der Hager Group

Als Geschäftsführer von Hager Services entwickelt Martin Kaiser das jüngste Geschäftsfeld der Hager Group. Für den ehemaligen Mobilfunkmanager ist Hager Services ein großes Abenteuer, das enorme Chancen birgt.

„Die Probleme unserer Kunden verstehen und lösen“

Herr Kaiser, wann und wie haben Sie persönlich zuletzt richtig guten Service genossen?

Oh, das ist noch gar nicht lange her. Unsere Wohnung hier in Paris wird mit einem Heizkessel beheizt, der im vergangenen Winter plötzlich ausfiel – ausgerechnet an einem Samstagnachmittag gegen 17 Uhr. Als ich den Wartungsdienst des Herstellers erreichte, sagte man mir zu, binnen 30 Minuten einen Techniker zu schicken, der unsere Heizung reparieren würde. Und so kam es dann auch. Wir mussten keine Minute frieren.

Martin Kaiser hat sein Berufsleben dem Thema Service gewidmet. Bei der Hager Group kann er es auf einer ganz neuen Ebene spielen.

Was hat diese Erfahrung mit Ihnen als Kunden gemacht?

Diese sehr zufriedenstellende Erfahrung hat natürlich dazu geführt, dass ich den demnächst anstehenden Ersatz für unseren alten Heizkessel definitiv beim selben Hersteller erwerben werde – und unseren Wartungsvertrag gleich dazu.

Umgekehrt gefragt: Wann haben Sie richtig schlechte Erfahrungen gemacht?

Ich glaube, Unzufriedenheit entsteht immer dann, wenn man vertraglich oder finanziell von einem Dienstleister geknebelt wird. Ein Beispiel: Für meinen privaten PayTV-Anbieter zahle ich 40 Euro im Monat, obwohl ich dessen Dienste nur ein paar Minuten pro Monat nutze. Als ich deshalb auf ein weniger umfangreiches Abonnement umsteigen wollte, hieß es, ein Vertragswechsel sei nur zu ganz bestimmten Terminen im Jahr möglich – das nächste Mal in elf Monaten. Da fühlte ich mich als Verbraucher geradezu misshandelt.

Als Geschäftsführer der Marke Hager Services beschäftigen Sie sich hauptberuflich mit dem Thema Service. Was genau interessiert Sie an diesem Thema so, dass Sie sich acht Stunden pro Tag damit befassen?

Oh, ich wünschte, dass es nur acht Stunden täglich wären (lacht). Aber ich habe mich mein ganzes Berufsleben mit Dienstleistungen für Endkunden befasst – erst als junger Unternehmensberater, dann fast 15 Jahre lang bei einem französischen Mobilfunkanbieter. Die Umwälzungen, die im Mobilfunkbereich bereits hinter uns liegen, kommen jetzt auch in der Industrie an. Für mich ist es einfach eine unglaublich spannende Aufgabe, das, was ich in den vergangenen 20 Jahren gemacht habe, auf ein Industrieunternehmen zu übertragen.

Das Thema Services für Endkunden ist für die Hager Group neu: bislang waren der Großhandel und das Fachhandwerk unsere Ansprechpartner, nicht die Endverbraucher.

Darin liegt für alle Beteiligten natürlich eine große Herausforderung. Die Frage, die Daniel Hager uns gestellt hat, lautete: Wie können wir näher an unsere Endkunden heranrücken? Und wie können wir in einer sich schnell wandelnden Welt neue, passgenaue Geschäftsmodelle entwickeln? Eine Antwort hieß: über Dienstleistungen für Endkunden. So sind wir in das Thema Services eingestiegen.

Nun ist die Nähe zum Kunden ja eine traditionelle Stärke der Hager Group.

Richtig, aber dieser Kunde war bislang immer der Elektriker. Wenn wir Endkunden gewinnen wollen, muss sich die Art und Weise unseres Vertriebs und unserer Wartung verändern. Auch unsere Verantwortung ändert sich: Solange zwischen uns und dem Endkunden ein Elektriker stand, trugen wir nicht die direkte Verantwortung. Heute aber ist es unsere Aufgabe, die Probleme unserer Kunden zu lösen. Was den positiven Nebeneffekt hat, dass wir ihre Probleme sehr viel genauer kennenlernen und verstehen und entsprechend bessere Lösungen entwickeln können.

Der Serviceansatz birgt aber nicht nur erheblichen Aufwand, sondern auch das Risiko, von Fehlschlägen. Was hat das Unternehmen davon?

Die Serviceoffensive hat gleich mehrere Vorteile fürs Unternehmen. Durch unsere Dienstleistungen, die wir über das Internet vertreiben, eröffnen wir uns einen neuen Vertriebskanal und neue Geschäftsfelder. Vor allem aber bereichern wir unsere bestehenden Geschäftsfelder und Lösungen um neue Services.

Können Sie ein Beispiel dafür nennen?

Ein Beispiel ist das Serviceangebot rund um Rauchmelder, mit dem wir gerade auf dem französischen Markt starten. Einen Rauchmelder, den wir bislang über den dreistufigen Vertrieb angeboten haben, können wir dem Kunden heute direkt und mit einem Fünfjahresvertrag für Dienstleistungen von Hager Services anbieten. Von einem Premiumanbieter wie uns erwarten die Kunden heute einfach, dass Angebote über das bloße Produkt hinausgehen. Insofern glaube ich, dass sowohl unser neues Geschäft als auch das bestehende der Hager Group von unseren Serviceangeboten profitieren werden.

Weshalb wurde dafür extra die Marke Hager Services mit einem eigenen Auftritt ins Leben gerufen?

In der Hager Group gibt es ja bereits Masterbrands wie Berker, Hager oder Daitem. Es wäre sehr ineffizient, wenn wir für jede dieser Marken und jeden Markt ein eigenes Servicegeschäft aufgebaut hätten. Mit der Operatormarke Hager Services aber können wir alle gleichmäßig abdecken.

Gleichzeitig verändern sich mit Hager Services aber auch die Prozesse im Unternehmen. Bislang waren unsere Märkte weitgehend autonom. Die Hager Services können sich aber nur rechnen, wenn wir mit einem zentralen Angebot über Länder und Grenzen hinweg eine möglichst große Zahl von Kunden erreichen. Deshalb ist Hager Services zwangsläufig zentralistischer organisiert als die klassischen Produkt- und Lösungsangebote der Hager Group.

Operativ beginnt die Marke Hager Services zunächst auf dem französischen Markt. Warum?

Das liegt ein bisschen an meiner Person, da ich in Frankreich lebe, hier Erfahrungen gesammelt und hier auch Talente für das gemeinsame Abenteuer Hager Services gewonnen habe. Zum anderen finden wir hier mit einem für den französischen Markt zertifizierten Rauchmelder ein ideales Produkt für ein erstes Pilotprojekt vor. Und schließlich ist in Frankreich der Abonnementgedanke viel weiter verbreitetet als in Deutschland. In Frankreich gibt es mehr als 500.000 Haushalte, die über eine Alarmanlage mit Servicevertrag verfügen. In Deutschland hingegen werden mehr als 90 Prozent der Alarmanlagen gekauft.

Mit dem ersten Produkt von Hager Services, einem vernetzten Rauchmelder, haben Sie gerade einen „Friendly User Test“ gestartet. Worum geht es dabei?

Wir haben hier unsere Website und die Service-App eingeführt, wir haben neue Vertriebswege und ein ganz neues Kundensegment. Das alles ist auch für uns Neuland. Deshalb beginnen wir einen so genannten „Friendly User Test“ mit ein paar Dutzend Testkunden, deren Kommentare und Kritik wir für die Verbesserung unseres Angebots nutzen wollen.

„Les enfants perdus“ heißt das Pariser Café, in dem Martin Kaiser Rede und Antwort stand. Bekannt ist es unter Anderem für seinen hervorragenden Service.

Und? Haben Sie schon erste Erkenntnisse gewonnen?

Ja. Wir haben beispielsweise gelernt, dass wir unsere Kunden stärker begleiten müssen. Denn unseren über die Website bestellten Rauchmelder installieren sie ja selbst bei sich. Und da müssen wir manche offenbar stärker unterstützen, als wir es erwartet hatten.

Die Hager Group ist beileibe nicht das einzige Unternehmen, das momentan das Servicegeschäft für sich entdeckt. Der Waschmittel-Multi Henkel beispielsweise bietet neuerdings sogar Waschmittelabonnements an. Was steckt hinter dem aktuellen Boom der Serviceangebote?

Ein wesentlicher Grund ist der Wandel der Kundenbedürfnisse. Aktuell steigt eine Generation in die Konsum- und Berufswelt ein, die mit Streaming-Diensten wie Spotify und Netflix oder Car-Sharing-Angeboten wie DriveNow und Car2Go groß geworden ist. Diese neue Verbrauchergeneration will gar nicht mehr so viel kaufen und besitzen, sondern eher Dienste nutzen.

Was steht dahinter? Woher rührt dieser Wandel?

Es ist eine Mischung aus Wollen und Müssen. Für viele Jüngere ist es heute schlicht undenkbar, sich einen teuren Neuwagen zuzulegen. Aber auf den Komfort der Mobilität wollen sie natürlich nicht verzichten. Das eröffnet Chancen für Mobilitätsdienstleister. Andere setzen schlicht andere Prioritäten: Vielen aus der jungen Generation ist es mittlerweile auch wichtiger, Lebenserfahrungen zu sammeln und beispielsweise interessante Reisen zu unternehmen, als einen neuen 3er BMW zu fahren.

Mit Hager Services wollen Sie in den Bereichen Sicherheit, Pflege, E-Mobilität und Energie präsent sein. Was verbirgt sich dahinter? Und warum gerade in diesen Bereichen?

Es liegt gewissermaßen in der DNA der Hager Group, Kunden zu schützen – beispielsweise vor Stromschlägen oder Stromausfällen. Mit Hager Services wollen wir diesen Schutzgedanken auf Dienstleistungen übertragen. Wir tun dies zum Beispiel, indem wir Eigentum mit Sicherheitslösungen vor Brand- und Einbruchschäden schützen. Gleiches gilt für den Pflegebereich, in dem wir pflegebedürftige Angehörige mit AAL-Services in ihrer Selbstständigkeit unterstützen. Mit Ladestationen sorgen wir für ununterbrochene E-Mobilität. Und mit Energielösungen helfen wir Immobilienbesitzern, ihren Energieverbrauch zu überwachen und energieeffizienter zu wirtschaften.

In Frankreich sind Sie jetzt mit Services rund um Rauchmelder und Einbruchsdiebstahlanlagen gestartet. Wie geht es weiter?

Wir werden Rauchmelder, Einbruchsdiebstahlanlagen und AAL-Services im Laufe des Jahres 2017 auch in Deutschland einführen. Möglicherweise werden wir in den Niederlanden mit einem Pilotprojekt für E-Mobilität starten. Dabei erhalten Kunden nicht nur eine Hager-Ladestation, sondern auch eine Mobilitätskarte von Hager Services, mit der sie ihre Elektrofahrzeuge an allen öffentlichen Ladestellen aufladen können.

Obwohl wir uns zunächst auf Privatkunden konzentrieren, dürften unsere Services mittelfristig natürlich auch für Gewerbekunden interessant sein. Und schließlich können wir auch ganze Smart Cities mit unseren Monitoring-Dienst leistungen unterstützen. Sie sehen: In Hager Services steckt eine Menge Musik.

Was bieten Hager Services Kunden, das andere Unternehmen ihnen nicht bieten?

Unser Alleinstellungsmerkmal wird darin bestehen, dass sich mit einer einzigen Smartphone-App ganz unterschiedliche Services buchen und verwalten lassen – von der Ladestation für Elektrofahrzeuge bis zum AAL-Service für einen pflegebedürftigen Angehörigen. Und das alles wird von einem Unternehmen angeboten, das in vielen Haushalten bereits seit Jahrzehnten zu Hause ist. Das ist meines Wissens einmalig.

All das setzt natürlich voraus, dass Kunden überhaupt von Hager Services erfahren.

Natürlich, wir werden am Markt für uns trommeln müssen. Das wird Geld kosten – aber natürlich auch ganz neue Umsatzpotentiale eröffnen. Und da wir erstmals im direkten Kontakt mit unseren Kunden sind, können wir sehr viel passgenauere Geschäftsmodelle entwickeln als bislang, wo das Feedback der Kunden – wenn überhaupt – nur über Umwege zu uns gelangte.

Was wäre das Ungünstigste, das Hager Services passieren könnte?

Der größte Fehler wäre, mehr zu versprechen als wir am Ende leisten können. Genauso wichtig ist maximale Transparenz bei Leistungen und Kosten. Ich sagte ja: Nichts ist für einen Kunden schlimmer, als sich gegängelt zu fühlen. Die Kunden sind es heute gewohnt, mit zwei Klicks ein Flugticket zu buchen und ihr heute bestelltes Gerät morgen bereits in der Hand zu halten. An diesen Maßstäben müssen wir uns natürlich messen lassen.

Was müssen die Kollegen, was muss das Unternehmen tun, damit Hager Services ein Erfolg wird?

Wir müssen uns zusammen bemühen, unsere Produkte und Lösungen um Dienstleistungen zu bereichern, die sich auf unterschiedlichen Vertriebskanälen zum Kunden bringen lassen. Wenn wir das schaffen, eröffnen wir der Hager Group unglaubliche neue Chancen.

Vielen Dank fürs Gespräch.

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