Aufbruch einer Zukunftsbranche

Aufbruch einer Zukunftsbranche

Wie können uns Alltagsunterstützende Assistenzlösungen helfen, sollten wir pflegebedürftig werden? Bei den 1. Deutsch-Französischen AAL Days diskutierten Techniker, Pflegeexperten, Philosophen und die Schirmherren der Veranstaltung erstmals gemeinsam Fragen, die uns alle früher oder später betreffen werden.

Aufbruch einer Zukunfts­branche

Lösungen für die alternde Gesellschaft

Wir werden immer älter: Mehr als 22 Millionen Männer und Frauen dürften allein in Deutschland im Jahr 2030 das Rentenalter erreicht haben – rund ein Drittel mehr als heute. Aber auch in vielen anderen Regionen der Welt steigt die Zahl der älteren und damit häufig auch pflegebedürftigen Menschen. Die meisten von ihnen wünschen sich, in ihrem letzten Lebensdrittel daheim und in vertrauter Umgebung zu leben. Umfragen zufolge würde die Hälfte der über 65-Jährigen im Bedarfsfall gerne Erinnerungsfunktionen oder Alarmsysteme nutzen, Technologien also, die auch pflegebedürftigen Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

Die Zahlen illustrieren, welche gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Potentiale Ambient Assisted Living (AAL, Alltagsunterstützende Assistenzlösungen) schon jetzt hat. Sie illustrieren gleichzeitig aber auch, wie entscheidend es sein wird, die Bedürfnisse der Nutzer sowie die Spezifika des Marktes genau zu verstehen.

Als Initiatorin der 1. Deutsch-Französischen AAL Days am 28. und 29. September 2015 leistete die Hager Group dabei einen wichtigen Beitrag. Politiker, Unternehmensvertreter, Pflegewissenschaftler, Immobilienexperten und Journalisten aus Deutschland und Frankreich waren dazu ins neu eröffnete Hager Forum nach Obernai gekommen. Schirmherren der Veranstaltung waren neben Annegret Kramp-Karrenbauer, der saarländischen Ministerpräsidentin, Laurence Rossignol, Frankreichs Staatssekretärin für Familie, Kinder, Senioren und Autonomie, Philippe Richert, Präsident des Regionalrats Elsass sowie Jean-Pierre Masseret, Präsident des Regionalrats Lothringen. In Workshops, als Referenten oder beim Netzwerken vor und nach den Diskussionsrunden nutzten die rund 120 Teilnehmer die Gelegenheit zum Austausch.

Gerade beim Thema AAL lässt sich die Innovationskraft von Ingenieuren daran ablesen, wie ausgeprägt ihre Begabung ist, anderen Experten zuzuhören: Männern und Frauen etwa, die jeden Tag Senioren pflegen und betreuen. Oder Immobilienentwicklern, die beurteilen können, welche Umbauten in einer Wohnung möglich und bezahlbar sind. „Im Mittelpunkt unseres Interesses steht immer der Mensch“, sagte Daniel Hager, Vorstandsvorsitzender der Hager Group, in seiner Rede zur Eröffnung der Tagung, „erst dann folgt die Technik.“ Nur wenn sich alle Akteure auf Augenhöhe austauschten, könnten Produkte und Lösungen entstehen, die über den Tag hinaus Bestand haben.
Hager: „Gelungene Assistenzlösungen helfen dem Einzelnen, ohne ihn zu stigmatisieren.“

Veranstaltungsort mit Starqualitäten: Das Hager Forum am Standort Obernai
Der Mensch im Mittelpunkt: Wie moderne Technik das Altern erleichtern kann, muss alle Generationen interessieren.
Plädoyer für ein deutsch-französisches AAL-Cluster: Lilla Merabet, Vize-Präsidentin der Region Elsass...
...und ihr Kollege Christophe Choserot, Vize-Präsident der Region Lothringen, bei ihren Vorträgen.
Zuhören, analysieren, erklären: Der Markt für AAL ist vielversprechend – und noch jung. Wer ihn erobern will, muss ihn verstehen.
„AAL verbindet die digitale und die demographische Revolution“: Luc Broussy, Präsident des Wirtschaftsverbandes France Silver Eco.
Aufmerksamer Zuhörer: Vorstandsvorsitzender Daniel Hager auf den AAL Days.
Schnelle Hilfe in der Not

AAL findet besonders in Kombination mit Servicedienstleistungen verstärkt den Weg in die Wohnungen. Im Vordergrund stehen dabei die Aspekte der komfortablen Unterstützung und der schnellen Hilfe bei Notsituationen. Ein weiteres Feld bildet die Vernetzung mit individuell zu nutzenden, haushaltsnahen Dienstleistungsangeboten, wie beispielsweise der Begleitung zum Arzt, die Erledigung von Einkäufen oder der Wohnungspflege.

Künftig werden Digitalisierung und Vernetzung eine große Rolle spielen: Sensoren können beispielsweise Herzfehler überwachen, indem sie Atmungsfrequenz, Blutdruck und Herztöne messen und dem behandelnden Arzt weitergeben. Andere Assistenten schützen vor Vergesslichkeit. Soll die Herdplatte angeschaltet bleiben? Soll das Abwaschwasser weiter laufen? Vielen der 1,2 Millionen Demenzkranken in Deutschland könnten solche Lösungen einen Umzug ins Pflegeheim ersparen.

Ein drittes Feld sind Multimedia-Anwendungen gegen soziale Isolation. Bildschirmtelefonie gibt bunte Einblicke in den Alltag der Enkel. Ein virtueller Butler wird zum Türöffner in die Außenwelt: Er kennt das örtliche Veranstaltungsprogramm sowie Fahrpläne des öffentlichen Nahverkehrs, kann Essen oder Blumen bestellen und managt Verabredungen mit den Nachbarn.

Michel Puech Technikphilosoph und Professor an der Pariser Universität Sorbonne

Michel Puech

Als Philosoph interessiert mich die Ethik der Technik. Deswegen bin ich hier: Um Technik zu verstehen, muss ich die Akteure treffen, Menschen, die die Zukunft der Technik erfinden.
Meine Arbeit ist oft sehr abstrakt, hier wird sie sehr konkret. Die AAL Days sind meine Begegnung mit der Wirklichkeit.
Gelernt habe ich, dass zwischen Franzosen und Deutschen ein Unterschied besteht, der größer ist als ich dachte. Die Franzosen haben offenbar weniger Berührungsängste mit der modernen Technik als Deutsche. Ich glaube, dass die Art, wie Gesellschaften funktionieren und was sie zusammenhält, hier eine Rolle spielen könnten.

Michel Puech Technikphilosoph und Professor an der Pariser Universität Sorbonne
Eric Gehl CEO und Mitgründer der Senioren-Plattform Hakisa

Eric Gehl

Wir bieten eine seniorengerechte Plattform im Internet an, da ist es für mich unerlässlich, immer über den Status Quo beim Thema AAL informiert zu sein. Es ist zudem sehr selten, dass Akteure aus wirklich allen Bereichen zusammenkommen, um einander zuzuhören.
In der Vergangenheit haben wir sehr viel über die Theorie gesprochen. Jetzt ist es an der Zeit, endlich konkret zu werden.
Ein regelmäßiges, am besten jährliches Treffen aller Branchenbeteiligten wäre ideal.

Eric Gehl CEO und Mitgründer der Senioren-Plattform Hakisa
Petra Dinkelacker Produktverantwortliche Gesundheitsmanagement, pme Familienservice GmbH

Petra Dinkelacker

Die AAL Days sind der perfekte Anlass, mich international zu vernetzen und Vordenker und interessante Akteure der Branche zu treffen.
Was kann ich von den Anderen lernen? Hier gewinne ich wertvolle Erkenntnisse. Eine zentrale: Die Menschen in Europa sind bereit für die Telemedizin. Es wird unter anderem darauf ankommen, AAL so zu gestalten, dass die Lösungen auch Spaß machen. Ich wünsche mir, dass nicht alles nur beige oder grau wird, sondern bunt wie das echte Leben.

Petra Dinkelacker Produktverantwortliche Gesundheitsmanagement, pme Familienservice GmbH
Jan Timmermann Leiter Geschäftsentwicklung des Wohnungskonzerns Vonovia

Jan Timmermann

Vor uns liegt ein riesiger Markt, den der demographische Wandel noch befeuert. Die Frage ist also nicht, ob dieser Markt entsteht, sondern wer ihn sich am intelligentesten erschließt.
Der Nutzen von AAL ist ganz klar und deswegen auch so vielversprechend: Zu Hause sicher alt werden.
Dazu kommen weiche Faktoren wie Integration und Teilhabe und natürlich die volkswirtschaftlichen: AAL spart dem Gesundheitswesen massiv Kosten.

Jan Timmermann Leiter Geschäftsentwicklung des Wohnungskonzerns Vonovia
Jürgen Schuhmacher Vorstand der Stiftung Saarbrücker Altenwohnstift

Jürgen Schuhmacher

AAL wird nur dann ein Erfolg sein, wenn auch die Akteure aus dem sozialen Bereich ihre Erfahrungen einbringen können.
Die Technik muss zum Menschen passen, nicht umgekehrt. Wenn das gelingt, steckt in AAL eine gigantische Chance für Senioren, soziale Teilhabe und Selbständigkeit in den eigenen vier Wänden zu erleben.
Insofern sind Assistenzlösungen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zumal unsere Wirtschaft schon jetzt überhaupt nicht in der Lage wäre, alle pflegebedürftigen Menschen vollstationär aufzunehmen.

Jürgen Schuhmacher Vorstand der Stiftung Saarbrücker Altenwohnstift
Prof. Wolfgang Langguth Gründer und Vorsitzender des AAL Netzwerk Saar

Prof. Wolfgang Langguth

Für mich bedeuten die AAL Days eine gute Gelegenheit, die Vorteile von Assistenzlösungen in den Köpfen von Entscheidern zu verankern.
Zudem war mir schon immer wichtig, AAL nicht zu theoretisch zu betrachten, sondern das Handwerk frühzeitig ins Boot zu holen.

Prof. Wolfgang Langguth Gründer und Vorsitzender des AAL Netzwerk Saar
Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland

Auf den AAL Days zeigte sich, dass Deutsche und Franzosen in vielen Lebensbereichen zwar ähnliche Bedürfnisse haben, bei der Konzeption von AAL-Lösungen jedoch kleine Unterschiede berücksichtigt werden müssen – gerade was Finanzkraft und Technikaffinität betrifft.

Den Blick nach vorn gerichtet: Bernard Fischer (Bürgermeister von Obernai), Philippe Richert (Präsident des Regionalrats der Region Elsass), Stephan Toscani (saarländischer Minister für Finanzen und Europa) und Luc Broussy (Präsident des Wirtschaftsverbandes France Silver Eco) beim Vortrag der AAL-Spezialisten (v.li.n.re.).

So verfügen französische Senioren über im Schnitt etwas höhere Bezüge als ihre Altersgenossen jenseits des Rheins, während deutsche Arbeitnehmer später in Rente gehen: In Frankreich sind nur noch 48 Prozent der 55- bis 64-Jährigen beruflich aktiv, in Deutschland sind es 55 Prozent. Auch bei der Sozialversicherung zeigen sich Unterschiede: Während in Deutschland jeder Krankenversicherte auch pflegeversichert ist, gibt es in Frankreich keine klassische Pflegeversicherung, sondern eine Pflegebeihilfe, die sich über die allgemeine Solidaritätsabgabe, die Rentenkassen und Gemeinden finanziert. Assistenzlösungen werden deswegen dort auch nicht – wie in Deutschland – zentral über die Krankenkassen, sondern auf lokaler Ebene finanziert, was den Markt sehr vielfältig macht.

Jenseits wirtschaftlicher Aspekte spielen überraschenderweise auch kulturelle Unterschiede eine wichtige Rolle bei der Beurteilung des AAL-Marktes. Nach ihrer Einschätzung von technischen Assistenzlösungen befragt, äußerte sich eine deutliche Mehrheit deutscher Senioren zurückhaltend. Wann immer möglich, ziehen sie menschliche Hilfe der Technik vor. Ihre französischen Altersgenossen hingegen zeigten sich in Umfragen nicht überschwänglich, aber deutlich aufgeschlossener der Technik gegenüber. Sogar in der bevorzugten Auswahl der Steuerungsgeräte zeigt sich diese Technikaffinität: Während deutsche Senioren Smartphones und Tablets zur Steuerung bevorzugen, sind Franzosen bereit, einen Schritt weiter zu gehen und integrierte Sensoren, intelligente Alltagsgegenstände und Videokommunikation in ihrem Alltag zu nutzen.

„Der demografische Wandel ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit“, sagte Daniel Hager. „Mit den Deutsch-Französischen AAL Days wollen wir das Wissen verbreiten, wie menschenwürdiges Altern heute und in Zukunft aussehen kann. Die AAL Days sind keine Verkaufsveranstaltung, sondern bieten allen Akteuren am Markt die Gelegenheit, ihre Erfahrungen vorzustellen und mit frischem Wissen und neuen Kontakten nach Hause zu fahren.

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