Bleiben wir neugierig!

Bleiben wir neugierig!

In Zeiten, in denen die meisten Marken behaupten, ihren Kunden genau zuzuhören, tun dies tatsächlich nur wenige. Wie kann ein Unternehmen die Kunst des Zuhörens meistern? Und welche Wege wählt die Hager Group, um ihre Kunden wirklich zu verstehen? Daniel Hager, Philippe Ferragu, Franck Houdebert und Bertrand Schmitt – der Vorstand der Hager Group – sprechen über eine Kunst, die für den Erfolg eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist.

Bleiben wir neugierig!

Wie kann ein schnell wachsendes Unternehmen wie die Hager Group sicherstellen, seine Kunden nicht aus dem Auge zu verlieren?

Das Gespräch mit dem Vorstand der Hager Group fand im neuen Hager Forum in Obernai statt – einem Ort, der ganz dem Austausch gewidmet ist. In seinen so genannten Labs kann man Lösungen der Hager Group bei der Arbeit zusehen. Eine ist der große transparente Zählerschrank, über den der Neubau elektronisch gesteuert wird.

Ich denke, dass das Konzept, unseren Kunden zuzuhören, tief in der Kultur der Hager Group verankert ist. Als mein Vater, mein Großvater und mein Onkel unser Unternehmen gründeten, war es Teil ihres Geschäftsmodells, Kunden einzuladen, um sich deren Bedürfnisse anzuhören und ihre Einblicke in bessere Produkte und Lösungen umzuwandeln. Das war ihre Erfolgsformel, die noch immer Bestand hat. Heute haben wir diesen Ansatz jedoch mit vielen digitalen und analogen Werkzeugen perfektioniert. Ein sehr wirkungsvolles Instrument ist der Voice-of-Customer-Prozess, mit dem Du, Bertrand, ja sehr vertraut bist.

Dieser Prozess, den wir vor einigen Jahren eingeführt haben, hilft uns zu verstehen, wie wir ein Produkt bzw. die Wahrnehmung unseres Produkts durch den Kunden in einem sehr begrenzten Umfeld verbessern können. Wir setzen diese Methode bei Zielgruppen ein, um genau zu erkennen, welche Art von Produkt sie gerne hätten oder wo sie eventuelle Probleme mit unseren oder den Produkten unserer Wettbewerber sehen.

Ich erinnere mich daran, wie ich in meiner Anfangszeit bei der Hager Group auf der Messe Light + Building gut eine Stunde lang einem Kollegen zuhörte, der „univers N“, einen neuen Schrank von Hager, vorstellte. Es klang absolut überzeugend, wie dieser Kollege den Besuchern das Produkt erklärte, und es war beeindruckend zu sehen, wie begeistert diese Kunden ein Produkt aufnahmen, das eine Antwort auf ihre Fragen darstellte. Und das versuchen wir mit dem Voice-of-Customer-Prozess Tag für Tag.

Natürlich hat diese Methode ihre Grenzen, wenn wir über völlig neue Produkte sprechen. Neben dem ständigen Dialog mit unseren Kunden müssen wir ein gewisses Maß an Neugierde im Unternehmen beibehalten und offen gegenüber neuen Dingen bleiben, die wir noch nicht abgesteckt haben.

Welche anderen Möglichkeiten gibt es, um herauszufinden, was Kunden wirklich möchten?

Ein wichtiger Aspekt bei der Weiterentwicklung eines Unternehmens wie unserem sowie unserer Produkte besteht darin, nicht nur den externen Kunden zuzuhören, sondern auch unseren Kollegen innerhalb des Unternehmens, und auf diese Weise deren Arbeit zu unterstützen. Zum Teil sind das die Mitarbeiter aus Unternehmen, die zur Hager Group dazu kommen, wie z. B. die Bocchiotti Group. Die Grundlage unseres Syntegrationsprozesses besteht darin, zu verstehen, wie die einzelnen Bereiche beider Unternehmen von den jeweils anderen profitieren, was wir gemeinsam erreichen können und wie wir in Zukunft Mehrwert generieren werden. Es handelt sich um eine sehr maßvolle Art der Integration, aus der beide Seiten enorme Vorteile ziehen können. Und es funktioniert.

Wenn Sie sich Ihre externen Kunden anschauen: Wer sind sie heute? Und wer werden sie in Zukunft sein?

Gute Frage. Ist es der Elektriker, der unser Produkt installiert und dem wir es möglichst einfach machen wollen, das Produkt zu transportieren, auszupacken und zu installieren? Ist es der Großhändler, dem wir mit der Modulbauweise helfen, seine Lagerbestände zu reduzieren? Sprechen wir über den Architekten oder den Endverbraucher, dem wir ein Maximum an Komfort und eine herausragende Designleistung bieten möchten? Meine Antwort ist, dass wir uns auf all diese Menschen konzentrieren müssen. Die Herausforderung wird für uns sein, all diese unterschiedlichen Bedürfnisse zu verstehen und in große Innovationen aufzunehmen, ohne dem Beispiel des Ford Mondeo zu folgen.

Innovationen sind fast immer ein Prozess der Mitgestaltung verschiedener Akteure. Hier nur ein Beispiel: Bevor wir mit der Herstellung unserer verschiedenen Schalter in Frankreich begannen, haben unsere Marketingteams enorme Anstrengungen unternommen, um die Kundenerwartungen und die Lebensstile der Kunden wirklich zu verstehen. Erst dann fühlten sie sich ausreichend gerüstet, um differenzierende Produkte zu entwickeln. Gleichzeitig trat das französische Team mit Elektrikern in Dialog und somit mit denjenigen Experten, die das Produkt über die Empfehlung an ihre Kunden verkaufen würden. So war es ein wirklicher Prozess der Mitgestaltung, der unserem Erfolg mit französischen Schaltern zugrunde lag.

Philippe Ferragu, ist der Chief Group Resources Officer der Hager Group.
Bertrand Schmitt, ist der Chief Operating Officer des Unternehmens.
Daniel Hager, ist der Vorstandsvorsitzende der Hager Group.
Franck Houdebert, ist seit Januar 2016 als Chief Human Resources Officer im Vorstand des Unternehmens.

Was ist Ihrer Definition nach der Unterschied zwischen Zuhören und Verstehen?

Man muss wirklich aufmerksam zuhören, um in der Lage zu sein, etwas zu verstehen. Auf Märkten wie unserem, auf dem wir im Grunde mit Menschen und ihren Bedürfnissen zu tun haben, ist Verstehen von enormer Bedeutung.

Jedes gute Gespräch beginnt mit dem Zuhören. Nach dem Zuhören kann man das Gehörte in etwas anderes übersetzen. Und auch dem Sprecher hilft der Gedankenaustausch oftmals, klarer erkennen zu können, was wirklich wichtig ist.

Aufmerksames Zuhören führt zu Verständnis, und ein tief greifendes Verständnis führt zu Vertrauen. Und Vertrauen ist die Basis eines jeden Geschäfts.

Dasselbe gilt für uns als Unternehmen. Um ein Arbeitgeber erster Wahl zu sein und talentierte Mitarbeiter zu gewinnen, müssen wir die Erwartungen dieser Menschen verstehen und uns ihr Vertrauen verdienen.

Vertrauen ist eine wichtige Komponente des Leadership Frameworks, den wir derzeit für die Hager Group entwickeln. Wir möchten, dass unser Managementteam aufmerksam zuhört und den Menschen ehrliches und solides Feedback gibt.

Erst kürzlich haben wir einen für uns als produzierendes Unternehmen einen recht radikalen Schritt gewählt und unseren Servicebereich auf die Beine gestellt. Das ist unsere Antwort auf Anliegen von Kunden, die nicht nur hervorragende Produkte, sondern auch zufriedenstellende Lösungen mit einem umfassenden Service erwarten.

Dies ist besonders wichtig für die Hager Group, da wir mit einer Vielzahl von Kunden langjährige Beziehungen unterhalten. Obwohl dies ein sehr positiver Aspekt unserer Arbeit ist, besteht hier die Gefahr eines Déjà-vus. Haben beide Parteien dieses Gefühl, verliert die Kommunikation oftmals zunehmend an Gehalt. Aus diesem Grund verpflichten wir uns dazu, neugierig zu bleiben und Routinen und alte Gegebenheiten zu hinterfragen.

Da sich nicht nur die Botschaften, sondern auch die Kommunikationsformen ändern, sollte auch die Art und Weise hinterfragt werden, wie wir unseren Kunden zuhören. Die Kommunikationsformen der Generation Y sind beispielsweise viel digitaler und vernetzter als die Kommunikationsformen der Vorgängergenerationen. Unser Prozess des Zuhörens muss sich diesem Umstand natürlich anpassen.

Außerdem gibt es hier auch noch einen geografischen Aspekt. Da wir weiter in neue Regionen und Märkte expandieren, werden wir verstärkt mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit unterschiedlichen Hintergründen und anderen Sprachen arbeiten. Das eröffnet jede Menge Raum für Missverständnisse. Einer der großen Vorteile der Arbeit in einem internationalen Unternehmen wie unserem besteht jedoch darin, dass es immer jemanden gibt, den man fragen kann. Als mir vor einigen Monaten in China die Reaktion einer Person nicht ganz klar war, habe ich einfach einen chinesischen Kollegen nach einer Erklärung gefragt. So habe ich gelernt, eine Reaktion zu deuten, aus der ich vorher nicht schlau geworden wäre.

Da das Unternehmen international wächst, besteht immer die Frage, ob und wie wir uns anderen Märkten und Kulturen anpassen. Mit unseren Unternehmenswerten haben wir einen starken Kern. Doch kann die Art und Weise, wie wir diese Werte leben, von Land zu Land und auch von Zeit zu Zeit unterschiedlich sein. Authentizität, Integrität und Mut hatten eine andere Bedeutung in den 50er-Jahren als in den 90ern und werden auch im nächsten Jahrzehnt anders konnotiert sein. Ohne Frage wird es eine Herausforderung sein, uns selbst treu zu bleiben, wenn wir zu einem Unternehmen mit 20.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 3 Mrd. Euro anwachsen. Aber ich bin mir sicher, dass uns das genauso gelingen wird wie damals, als wir von zehn Mitarbeitern in den 60er-Jahren zu den heutigen 11.650 Mitarbeitern anwuchsen.

Gilt das auch für geografische Unterschiede?

Auch unsere Werte äußern wir in China oder Australien anders als in Deutschland oder Frankreich. Da unsere Kunden einen starken regionalen Fokus haben, ist es für unseren Erfolg in den verschiedenen Branchen und Märkten äußerst wichtig, unsere Kernwerte an lokale Verhaltensweisen anzupassen.

Vergessen wir nicht, dass unser Team immer vielfältiger wird. Zum Beispiel freuen wir uns über die Frauen in unserem französischen Marketing- und Vertriebsteam. Sie leisten hervorragende Arbeit.

Gleichzeitig müssen wir zugeben, dass wir unser Projektziel für 2015 nicht erreicht haben, das darin bestand, mehr Frauen und weniger deutsche und französische Männer in unsere Managementteams aufzunehmen. Obwohl wir wussten, dass es eine große Herausforderung werden würde, haben wir große Anstrengungen unternommen und sogar Headhunter damit beauftragt, nach weiblichen Kandidaten in Führungspositionen zu suchen. Doch ist es uns nicht gelungen. Es ist noch immer sehr schwierig, weibliche Kandidaten für die technischen Jobs in unserer Branche zu finden.

Dennoch haben wir uns im Rahmen unseres Projekts 2020, das in Kürze starten wird, erneut zur Aufgabe gesetzt, unsere Vielfalt zu erhöhen. Außerdem sollten wir nicht vergessen, warum wir Vielfalt so nachdrücklich fördern. Mehr Vielfalt bedeutet, dass wir das Unternehmen für neue Perspektiven und Ideen öffnen. Vielfalt hilft uns somit dabei, bessere Lösungen zu finden.

Der entscheidende Punkt ist, neugierig zu bleiben und nicht davon auszugehen, dass man bereits weiß, was der andere denken, sagen oder tun wird, bevor man überhaupt mit ihm geredet hat. Diese Annahmen sind schließlich in vielen Fällen falsch. Aufmerksames Zuhören ist ein gutes Gegenmittel, um Missverständnissen vorzubeugen.

Hager Group Annual Report 2015: ZuhörenZuhören?Zuhören.Verstehen.Machen.Ins Gespräch bringenAufbruch einer ZukunftsbrancheDen Horizont erweiternDas WeltmodellVorausdenkenIn die Jahre gekommenDie Kunden verstehenWir müssen die Nutzer mitnehmenVernetzungen schaffenBeste VerbindungenGemeinsam weiterdenkenSparringspartnerGrenzen überwindenWie wir Kuuki Yomenai überwinden könnenBleiben wir neugierig!Zuhören ist…E3Weltweite KontakteInnovation auf ganzer LinieImpressumHager Group Annual Report ArchiveHager Group Annual Report 2018/19Hager Group Annual Report 2017/18Hager Group Annual Report 2016Hager Group Annual Report 2015