Wie wir Kuuki Yomenai überwinden können

Wie wir Kuuki Yomenai überwinden können

Wer auf internationaler Ebene Geschäfte macht und mit Menschen aus anderen Kulturen kommuniziert, muss zwischen den Zeilen lesen können. Das ist, wie Expertin Erin Meyer erklärt, weitaus schwieriger als gemeinhin angenommen.

Wie wir Kuuki Yomenai überwinden können

Beim Thema interkulturelle Unternehmensführung und Kommunikation zählt Erin Meyer sicherlich zu den erfahrensten Expertinnen weltweit. Die Autorin von „The culture map: Breaking through the invisible boundaries of global business“ unterrichtet an der INSEAD Management School in Fontainebleau. Ihr Gastvortrag beim Symposium der Hager Group im Jahr 2014 wurde begeistert aufgenommen.

Erin Meyer:

1 Die traurige Wahrheit ist, dass die große Mehrheit der Manager, die im internationalen Geschäft tätig ist, nur ein begrenztes Verständnis davon hat, wie die Kultur ihre Arbeit beeinflusst. Sie gehen davon aus, dass ihre Handlungen und ihre Kommunikation von Menschen eines anderen Kulturkreises in gleicher Weise verstanden werden, wie von jemandem aus ihrer eigenen Kultur oder ihrem eigenen Kontext. Genau diese Annahme führt dazu, dass es zu dramatischen Missverständnissen kommt, dass Projekte scheitern und Geschäftsabschlüsse nicht zustande kommen.

2 Wenn jemand beispielsweise einige Sekunden am Telefon schweigt, würde man in unserer westlichen Kultur davon ausgehen, dass diese Person die Botschaft nicht richtig verstanden hat oder diese als unangenehm empfindet. Doch besonders in asiatischen Kulturen suggeriert Schweigen etwas Positives. So könnte es heißen: „Ich schätze Ihre Frage sehr und brauche Zeit für eine wohlbedachte Antwort.“ In einem internationalen Kontext ist es heute leichter als jemals zuvor, in Missverständnis-Fallen zu tappen, wenn man nicht aufmerksam zuhört.

3 Es gibt einen japanischen Ausdruck namens Kuuki Yomenai, kurz KY, der besagt, dass jemand nicht in der Lage ist, die Atmosphäre zu deuten. Um ein guter Gesprächspartner zu sein, muss man in der Lage sein, alle subtilen Botschaften aufzunehmen. Selbstverständlich ist KY sehr viel schwieriger in einer Kultur, die nicht die eigene ist.

4 Die unverzichtbare Voraussetzung für gemeinsame Geschäfte ist Vertrauen. Doch wird in verschiedenen Teilen der Welt auf völlig verschiedene Art und Weise Vertrauen aufgebaut. Gerade in westlichen Ländern folgen wir gerne dem Konzept des kognitiven Vertrauens und vertrauen Menschen, die pünktlich und zuverlässig sind und scheinbar gute Arbeit leisten. Im Nahen Osten, China, Lateinamerika und den meisten afrikanischen Ländern wird viel mehr Nachdruck auf das sogenannte affektive oder persönliche Vertrauen gelegt. Die Menschen tendieren dazu, anderen zu vertrauen, mit denen sie sich persönlich oder emotional verbunden fühlen.

5 Daraus ergibt sich eine einfache Schlussfolgerung. In Ländern mit kognitivem Vertrauen können E-Mails ein sehr praktisches Hilfsmittel in der Geschäftskommunikation sein. In Ländern, in denen Vertrauen über Emotionen aufgebaut wird, muss es zumindest zu Beginn der Geschäftsbeziehung die Möglichkeit geben, eine persönliche und emotionale Beziehung aufzubauen. Andernfalls sind Ihre E-Mails zum Scheitern verurteilt.

6 Vor Kurzem begegnete mir ein Paradebeispiel dafür, welche dramatischen Folgen eine fehlgeschlagene Kommunikation haben kann. Wie Sie wissen, ist es in Ländern wie Deutschland oder den USA völlig üblich, nach einem Telefongespräch dessen Inhalt oder die dort getroffenen Vereinbarungen kurz in einer E-Mail zusammenzufassen. Für uns ist das Ausdruck von Professionalität und Kompetenz. Als einer meiner Kunden dies während der Geschäftsverhandlungen mit einem potenziellen Partner in Saudi-Arabien tat, bei denen es um Geschäfte in mehrstelliger Millionenhöhe ging, platzte das Geschäft daraufhin. Sein saudi-arabischer Partner hatte das Gefühl, nicht als vertrauenswürdig angesehen zu werden. Er fühlte sich beleidigt und brach die Verhandlungen ab.

7 Man sollte niemals vergessen, dass wir alle nur Menschen sind. Wenn sich jemand beleidigt fühlt, reagiert er.

Für Erin Meyer, die in Minnesota geboren wurde, einen Franzosen heiratete und in Frankreich lebt, sind kulturelle Missverständnisse ein weitverbreitetes Phänomen.

8 Es gibt einen berühmten Satz von Paul Watzlawick, der besagt, dass „man [...] nicht nicht kommunizieren [kann]“, was so viel heißt wie, dass jede Art von Verhalten eine Form der Kommunikation ist. Wir alle senden unbeabsichtigte Botschaften aus, die von anderen aufgenommen und auf ihre Weise interpretiert werden. Selbst wenn Sie ruhig dasitzen und nichts sagen, senden Sie eine sehr wichtige Botschaft aus.

9 Können Missverständnisse durch eine gemeinsame Sprache oder sogar eine gemeinsame Kultur vermieden werden? Interessanterweise nicht. Tatsächlich verleitet eine gemeinsame Sprache zu der Illusion, dass man genau weiß, was der andere sagt und meint, während genau das Gegenteil der Fall ist.

Studien haben gezeigt, dass es die höchsten Misserfolgsquoten bei weltweiten Auslandseinsätzen nicht etwa bei Amerikanern, die nach China ziehen oder Franzosen, die nach Korea gehen gibt, sondern bei US-Amerikanern in Großbritannien. Ebenso gibt es hohe Misserfolgsquoten bei Deutschen, die nach Österreich ziehen, und Spaniern, die nach Mexiko gehen. Spricht man dieselbe Sprache, führt dies zum Glauben, dass man der gleichen Sippe angehört und man deshalb nicht aufmerksam zuhören muss. Zumindest denkt man das. Doch wird man schon bald eines Besseren belehrt.

10 Es gibt ein paar Kernfragen, die jedes Unternehmen wie die Hager Group beantworten muss, wenn es international wächst:
Inwieweit stimmt die Unternehmenskultur mit der lokalen Kultur der neuen Märkte überein? Und wie flexibel möchte sich das Unternehmen an dieses lokale Umfeld anpassen? Sollten wir eine sehr starke Unternehmenskultur beibehalten, um dort möglichst effizient zu arbeiten, oder sollten wir die lokalen Kulturen einbeziehen?

11 Wenn das Ziel Ihres Unternehmens darin besteht, Ihren Kunden aufmerksam zuzuhören, dürfte es ratsam sein, eine flexible, anpassungsfähige Unternehmenskultur zu wählen. Wenn in Ihrem Unternehmen jedoch ein hoher Innovationsgeist vorherrscht und Sie diesen Innovationsgeist, aus denen Ihr Produkt hervorgegangen ist, beibehalten möchten, dürfte eine starke Unternehmenskultur vorzuziehen sein.

Unternehmen wie Google haben eine sehr starke Unternehmenskultur und stellen nur Leute ein, deren Persönlichkeit ihrer eigenen sehr ähnlich ist. Sie nennen sie Googler. Sicherlich ergeben sich dadurch interne Vorteile, doch können zusätzliche Schwierigkeiten darin bestehen, dass es für ein solches Unternehmen mitunter schwieriger ist, lokalen Kunden zuzuhören.

12 Die gute Nachricht lautet: Zuhören ist etwas, was wirklich jeder lernen kann. Der erste und wichtigste Punkt ist, dass Sie, egal, woher Sie kommen und wo Sie sich befinden, niemals eine Kommunikation mit dem Gedanken im Hinterkopf beginnen sollten, dass Sie die Antwort bereits wissen. Nur zu oft denken wir, dass wir wissen, was die Person sagen wird und hören daraufhin nicht aufmerksam zu.

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